Paris 2.0 – Tag 1

25.09.2016

(zur Erinnerung… kursiv Geschriebenes, sind Gedanken in diesen Momenten)

Nach einer ziemlich kurzen Nacht schnappte ich mir dann also in aller Frühe meinen deutlich zu schwer geratenen Trekkingrucksack (15kg!) und ging zur Straßenbahnhaltestelle. Sonntags zu dieser Uhrzeit war dementsprechend nichts los und ich konnte die Ruhe genießen. Vorbereitet wie ich war (da die Straßenbahn Sonntags nur stündlich fährt) kam ich natürlich zu früh dort an. Aber lieber so, als anders herum. Die 15 Minuten die ich noch warten musste, vergingen dank mp3-Player (ja ich hab noch so einen Altmodischen mit Batterie – die bekommt man immerhin überall auf der Welt zu kaufen. Das ‚leerer-Akku-Problem‘ habe ich also nicht) recht flott. Und weil die Straßenbahnlinie nicht direkt am Heidelberger Hbf vorbei kommt, lief ich dann also die paar Hundert Meter und ärgerte mich schon hier, dass der Rucksack so schwer geworden war. Nun gut – so war ich wenigstens für alle Eventualitäten vorbereitet. ;-)

Pünktlich 07:48 Uhr ging es mit der Regionalbahn und einem schönen Sonnenaufgang, an diversen Nebelfeldern vorbei, in Richtung Karlsruhe. Kurz 3-4 Sätze mit den Anderen im Abteil über das gröhlende ‚Oktoberfest-Volk‘ amüsiert, dass glücklicherweise in Heidelberg ausstieg und dann machte jeder sein Ding bis Karlsruhe. Hier hatte ich dann noch eine knappe Stunde Aufenthalt, bis mein TGV aus Stuttgart eintreffen sollte.
Ich nahm dann also im kühlen Bahnhof auf einer der Bänke platz. Nach einer weiteren Regionalbahn, die am Gleis hielt füllte sich doch zunehmend der Wartebereich für den TGV. Ausgestiegen war auch ein junger Typ, der dann begann wahllos und unverständlich um sich zu brüllen. „Hallo… Haaaallooooooo… eine Schei**e ist das hier… Haallooooooo“… der junge Kerl auf der anderen Bank neben mir schaute mich auch nur ratlos an und dann lauschten wir beide doch wieder unserer Musik. Nach vielleicht 10 Minuten begann der Typ dann wieder herumzubrüllen… Ich wand mich ihm dann doch zu und fragte, ob man ihm irgendwie helfen könne. Er meinte dann, dass er blind sei und ihn niemand von der Bahn hier abholen würde. So auf diese Art und Weise hier wahllos rumzubrüllen und zu fluchen, bringt dir aber auch nicht die gewünschte Hilfe… Jedenfalls fragte ich dann, wo er hin wolle… Stuttgart… gut. Als ich aufstehen und zum Abfahrplan laufen wollte, gab sich die Frau mir gegenüber aber als Bahnmitarbeiterin zu erkennen (war in Zivil) und nahm sich des Herrn an. War das also gelöst. Abhaken. Toll… fängt ja schonmal aufregend an hier.
Danach sollte ich dann mit dem jungen Kerl von der anderen Bank ins Gespräch kommen. – Noch ca. 20 Minuten bis mein TGV einrollt… Er sah mich etwas länger an und nahm dann seine Kopfhörer von den Ohren…
Er: „Do you speak english?“ Na super… Smalltalk direkt auf english. Also gleich das volle Programm. „I’ll try… but it’s not good.“ Daraufhin begann er zu lachen und meinte nur (auf english), dass das irgendwie alle Deutschen sagen würden… na immerhin hatten wir was zu lachen ;-)
Ich erfuhr, dass er aus Albanien kommt und hier für 1 Jahr arbeitet. Was sich dann auch sehr schnell zeigte war, dass ich mit der Einschätzung seines Alters doch sehr weit daneben lag. Weil ich es nicht glauben konnte, präsentierte er mir dann doch seinen albanischen Ausweis haha… doch erst 20… und ich tippte auf Ende 20 – ups. Das er mich hingegen auf 25 geschätzt hatte… nettes Kompliment, aber als Frau weißt du ja sowieso nie so recht, ob sie nicht absichtlich tief ansetzen ;-)
Im Laufe des Gesprächs fragte er mich, ob ich nach Paris zur Fashion-Week wolle (der TGV nach Paris erschien mittlerweile auf der Anzeige). Mein Outfit würde doch irgendwie danach aussehen. Haha… ich weiß jetzt nicht, ob das ein Kompliment war oder doch was anderes… immerhin war ich doch recht eigenwillig in der Zusammenstellung meines heutigen Outfits ;-)
Wir unterhielten uns dann noch über alles Mögliche und ich konnte ihn einige Dinge über Albaniens Kultur und Land & Leute fragen – ich gab ihm im Gegenzug noch ein paar Tipps, was er sich hier in der Gegend unbedingt ansehen solle… Alles in allem ganz unterhaltsam und die Zeit verstrich ziemlich schnell. War also nicht so tragisch, dass keiner meiner Twitter-Follower Zeit für ein kurzes Treffen hatte.

Dann kam auch schon seine Bahn und nur kurze Zeit später fuhr mit 5 Minuten Verspätung 09:37 Uhr auch mein TGV ein. Ich hatte zunächst ein wenig Sorge, ob ich nicht im komplett falschen Gleisbereich stehe, denn laut Wagenstandsanzeiger gab es gar keinen Wagen 8, so wie es aber auf meiner Reservierung stand… nur Wagen 16… auf gut Glück stellte ich mich dann einfach da hin. Und lag mit meiner Einschätzung doch fast richtig. Zu meiner Verwunderung war ich doch recht entspannt in der Hinsicht, schon meinen Platz im Zug zu finden, obwohl der Wagon nicht ausgewiesen war. Ein klarer Fortschritt zu letztem Jahr… da war ich doch deutlich nervöser, als da die Sache mit dem Zug ebenfalls unübersichtlich verlief.
Dieses mal fand ich dann auch meinen Platz ziemlich schnell. Leider bekam ich durch die kurzfristige Buchung nur noch in der unteren Etage einen Platz. Vierer-Sitz mit Tisch in der Mitte, ganz am Ende des Wagens. Mit auf meinem Sitz lag quer ein kleiner Junge, der gerade schlief. Einmal wecken bitte. Die Familie die mit mir dort ihre 3 Plätze hatte, war ganz nett. Nur wenige Worte auf english (haha – was sonst) zur Begrüßung und dann sprachen sie untereinander wieder eine dieser arabischen Sprachen. Kenne mich da leider nicht aus und nachgefragt hatte ich auch nicht. Ich war ganz froh, während der Zugfahrt dieses mal keinen Smalltalk halten zu müssen.

Bei strahlendem Sonnenschein fuhren wir also in Richtung Frankreich. Mit noch immer leichter Verspätung kamen wir 10:20 Uhr in Strasbourg an. Hier bemerkte ich schon deutliche Veränderungen zum Vorjahr. Wesentlich mehr bewaffnetes Militär an jedem Gleis, staatliche Polizei, Bahnhofsschutzpolizei und auch zusätzlich noch Sicherheitspersonal. Ist doch noch immer Ausnahmezustand aufgrund der ganzen vergangenen Anschläge. Hier sah ich es zum ersten mal mit eigenen Augen und es rief mir die Bilder vom November des letzten Jahres ziemlich schnell vor Augen. Aber nicht weiter dran denken… wird schon alles gut gehen.
Insgesamt merkte ich aber, dass ich seit ich im TGV saß, deutlich entspannter war. Der Zug fährt schließlich bis Paris. Ich werde also definitiv ankommen. Auch heute hielten wir kurz vor Strasbourg außerplanmäßig, aber das machte mir dieses mal gar nichts aus und ich blieb vollkommen unbeeindruckt. Kein Vergleich zum letzten Jahr. Schöne Entwicklung.
Wenig später rollte der TGV 9576 (übrigens exakt der Gleiche wie 1 Jahr zuvor) weiter und nahm bereits kurz hinter Strasbourg ordentlich Fahrt auf (hier bereits 296 km/h). Gab es doch eine erfreuliche Neuerung. Die Fahrzeit mit dem TGV verkürzte sich um eine halbe Stunde zum Vorjahr. Also dauerhaft ordentlich Gas geben bis Paris auf der Hochgeschwindigkeitsstrecke.
Dieses Jahr kam noch dazu, dass mein Sitzplatz Rückwärts zur Fahrtrichtung war. Das war in der ersten Minuten der ganzen Beschleunigung ein doch recht ungewohntes Gefühl, legte sich dann aber rasch. Was mich aber auch in diesem Jahr immer wieder erschreckt hatte, waren die Momente in denen wir mit 320 km/h an einem uns entgegenkommenden TGV (der vermutlich genauso schnell unterwegs war) vorbei donnerten. Donnern ist hier wirklich ein passendes Wort, denn der erste ‚Knall‘ ist doch recht laut und der seitliche (kurze) Druck an der Scheibe ebenfalls etwas unangenehm. Aber das alles dauert vielleicht nur 2-3 Sekunden. Kommt nur eben ohne Vorwarnung.
Auch wenn ich heute landschaftlich von der unteren Etage aus leider nicht so viel schauen konnte, bemerkte ich aber doch, dass je näher wir Paris kamen, der Himmel sich zunehmend verdunkelte. Super. Stand so mal überhaupt nicht im Wetterbericht. Kann ich nicht gebrauchen, auch wenn ich drauf vorbereitet bin. Doch leider begann es, als wir die ersten Vororte erreichten doch heftig zu regnen und hielt bis Paris an.
Als wir pünktlich 12:05 Uhr am Gare de l’Est ankamen stülpte ich meinem Rucksack gleich die eingebaute Regenschutzhülle über. Was dann aber (zum Glück) völlig unnötig war, da es nur noch vereinzelte Tröpfchen nieselte, als ich den Vorplatz des Bahnhof betrat.
Was mich hier stattdessen erwartete war ein ziemliches Hupkonzert und jede Menge Polizei. Sowie Absperrungen und Autos die aus dem Zentrum kamen, aber nicht hinein durften.
Ich twitterte gleich, was hier los war und bekam doch zum Glück auch schnell einige Antworten. Natürlich. Autofreier Sonntag. Zum zweiten Mal. – War letztes Jahr doch genau das Gleiche – wie ich das nur vergessen konnte. Also nichts passiert. Kein Anschlag oder ähnliches. Erleichterung!

Mit Sack und Pack machte ich mich auf in Richtung ‚Le Marais‘. Einfach nur dem BD de Strasbourg folgen und irgendwann links in eine der Straßen abbiegen. Bei Tage sieht das Viertel ganz anders aus als Abends. Schon sehr faszinierend. Durch den Autofreien Sonntag sogar noch deutlich verlassener. Der feuchte Boden tat sein Übriges dazu. Eine ganz besondere Stimmung. Ein paar Fotos hier… ein paar Fotos da. Im Viertel gab es einiges an neuer Streetart zu entdecken. Der Blick weiter nach oben an den Wänden lohnt sich also. Ich laufe durch diverse Gassen weiter bis zum Place des Vosges. Ein schöner Park. Perfekt um mal ein wenig durchzuschnaufen. Danach geht’s weiter über die Rue St. Antoine und mache noch eine kleine Foto-Visite in der St.Paul-St.Louis Kirche. Kann ich jedem nur empfehlen. Tolle Architektur!
Weiter vorbei an verschiedenen Modeboutiquen und hier hatte ich dann auch meinen ersten intensiveren Blickkontakt (viele von euch wissen ja, dass ich damit keine Probleme mehr habe), mit einem Herrn der dort in einem Eingang stand. Wer als Frau schonmal allein in Paris unterwegs war, der weiß sicher was ich meine. Heißt nicht umsonst ‚Stadt der Liebe‘. Jedenfalls nahm ich das dann auch direkt als Anlass, genau das zu genießen und mitzuspielen. Nach der Trennung tut’s schließlich auch einfach mal gut, Männer noch immer mit nur einem Blick dazu bringen zu können, dass sie auch nicht mehr wegsehen wollen! ;-)
Nun aber weiter zum Maison Européenne de la Photographie, aber da ich ja noch den ganzen Kram mit mir herumschleppe, gehe ich noch nicht rein. Nehme allerdings begeistert zur Kenntnis, welche Fotografen zu sehen sind. Steht also auf der Liste. Vor mir noch 2 Herren mit ihren Hunden… click – Foto. Lustige Szene.
Hier in diesem Moment entscheide ich mich dann auch dazu, es beim Hotel vom letzten Jahr einfach nochmal zu probieren. Die Leute waren schließlich sehr nett. Also ab in die Metro. Am Hotel angekommen gleich ein bekanntes Gesicht und ich werde sogar wiedererkannt. Perfekt. Zimmer ist auch noch frei. Für mich wird sogar noch ein wenig die geplante Belegung umsortiert und ich bekomme ein Zimmer, neben dem vom letzten Jahr. Supi. Preislich bekomme ich auch wieder einen kleinen Nachlass. Ein freundliches Lächeln und kurzer Smalltalk zeigen Wirkung.
Also hoch auf’s Zimmer. Endlich den schweren Rucksack ablegen und feststellen, dass sie renoviert haben. Schick geworden und mein Bad ist größer, als im letzten Jahr ;-)
Ich gönne mir eine halbe Stunde Ruhe, packe meine Umhängetasche neu und dann geht’s mit der Metro zur Pont Neuf, um ein wenig an der Seine entlang zu schlendern. Es gibt einiges an Kunst mit Umweltbezug zu sehen. Ein besonderer Publikumsmagnet ist eine ziemlich große Luftaufnahme von Paris, die auf der Straße angebracht ist. Ich nehme es im ersten Moment gar nicht richtig wahr und wundere mich, warum die Leute so nach unten schauen – bis ich selbst meinen Blick senke. Schöne Idee, diese Art der interaktiven Kunst.
Hier nehme ich mir auch noch einmal die Zeit und setze mich ans Ufer, genieße die Sonne und beobachte ein wenig die Menschen… Ziemlich flott war dann auch schon wieder eine halbe Stunde um. Weiter ging es dann oben an der Straße. Vorbei an den diversen Malern entlang des Louvre.
Am Tuileries steige ich wieder in die Metro. Ich will noch zum autofreien Champs-Élysées.
In der Metrostation habe ich auch meine Begegnung mit dem Herrn, der erst neben mir auf die Bahn wartete und dem ich dann im Wagen gegenüber saß. Wirklich unglaublich feine und elegante Kleidung. Grandioser Stil und eine Ausstrahlung, die etwas sehr faszinierendes hatte. Aus seinem Stoffbeutel ragt ein Schneiderlineal hervor, dass mich dann endgültig überzeugt hat, dass er Modedesigner sein muss. Hm, bei dem verdammt teuer aussehenden Schmuck, den er da am Handgelenk trägt, ist es wohl der ‚Meister‘ selbst. Aber da ich nunmal kein Paparazzo bin und auch keinen Wert auf diese Mentalität lege, habe ich ihn natürlich nicht gefragt, wer er ist oder gar offensichtlich irgendwelche Fotos gemacht. Lediglich eines, als ich die Kamera auf dem Schoß hatte. Wirklich wohl fühle ich mich aber auch dabei nicht… diese Art der heimlichen Fotografie ist einfach nicht mein Stil. Natürlich auch nur, um hinterher dann festzustellen, dass ich das Gesicht nicht komplett mit drauf habe. Ich hatte gehofft, hinterher mit Hilfe von google selbst herauszufinden wer das denn nun war.
– Mein Angebot steht daher noch – wer mir als Erstes sagen kann, welcher asiatisch aussehende Modedesigner das ist, darf sich eines der Fotos (die auch noch kommen werden) als Print aussuchen. Es lässt mir doch einfach keine Ruhe. ;-)
Am Arc de Triomphe angekommen ein nettes Bild entlang der Allee. Zwar Menschen ohne Ende, aber definitiv ein faszinierender Anblick so ganz ohne Autos. Aber auch hier bemerke ich ziemlich schnell einen heftigen Unterschied zum letzten Jahr. Deutlich mehr Militär und bewaffnete Polizei. Auch vor den einzelnen Geschäften selbst noch einmal Sicherheitspersonal und teilweise auch Metalldetektoren. Das gab es im vergangenen Jahr alles noch nicht. Jeder der auf die Champs-Élysées will, wird kontrolliert an einer der diversen Absperrungen. Aber alles läuft mit französischer Ruhe ab. Es ist einfach so und wird akzeptiert. Man möchte schließlich weiter das Leben genießen. Als Einschränkung empfinde ich das jedenfalls nicht. Im Gegenteil, es beruhigt.
Jedenfalls beschließe ich, mich nicht zu sehr an den vielen Menschen zu stören – ich habe ja auch damit gerechnet – also keine Überraschung. Ich folge also der Straße nun wieder in Richtung Place de la Concorde. Es herrscht schon fast eine Art Feststimmung auf der Straße. Es gibt viele Künstler, Tänzer und Musiker, um die sich immer wieder Menschentrauben bilden. Auch ich bleibe immer wieder stehen und schaue bzw. höre zu. Die Stimmung ist wirklich sehr locker. Kennt man von Deutschland nicht unbedingt. Einige picknicken auch mitten auf der Champs-Élysées. Witziger Anblick und ein Zeichen dafür, dass die Pariser das Leben weiterhin genießen.
Am Place de la Concorde dann angekommen entstand auch das Titelbild des heutigen Beitrages.
Eine wahnsinnig lange Zeltkonstruktion genau vor dem Garten, mit der Aufschrift ‚Paris sur Mode‘. Die Fashion-Week sollte schließlich bald losgehen.
Langsam begann auch die Dämmerung und ich fuhr noch einmal zum Hotel um mein Stativ für die Langzeitbelichtungen heute Nacht zu holen. Beim Umsteigen in der Metro kam ich auch an einem Streichorchester vorbei, das schon von weitem zu hören war. Auch hier lauschte ich noch eine ganze Weile. Aber nun wieder weiter. Die Nacht wird lang. An der Rezeption hat die Schicht gewechselt. Auch hier wieder ein bekanntes Gesicht. (Hi Muri – I know you’re reading this! ;-) ) Ein kurzer Plausch und dann raus in die Nacht.
Mit der Metro bis Alma Marceau. Hier noch direkt am Metro-Ausgang selbst die erste Langzeitbelichtung. Natürlich nicht ohne für einiges Staunen zu sorgen, wie kunstvoll ich doch mein Stativ auf der Treppe mit Blick nach oben aufstelle. Aber die Pariser sind freundlich und geduldig in diesem Moment und rennen mir nicht durch’s Bild. Merci beaucoup. Foto fertig – der Schwung kann durch. Nun noch 2-3 weitere Aufnahmen und dann weiter. Von hier habe ich dann auch meinen ersten Blick auf den beleuchteten Eiffelturm dieser Reise. Immer wieder wunderschön. An diesem Bild kann man sich einfach nicht satt sehen. Ich mache ein paar Aufnahmen und probiere noch ein paar experimentelle Dinge aus, die dann auch wirklich ein grandioses Ergebnis liefern.
[Leider gestaltet sich das mit der Erlaubnis von der SETE etwas schwieriger, als erwartet und so muss ich die Aufnahmen später nachreichen, wenn ich endlich deren Erlaubnis habe, den beleuchteten Eiffelturm hier zeigen zu dürfen. Auf eine Abmahnung wegen deren Copyright am beleuchteten Eiffelturm habe ich nämlich keine Lust. Kunst ist eben nicht so einfach ;-) ]
Kurz vor der Passerelle Debilly sehe ich, dass auf der Brücke gerade geshootet wird. Ein Model in einem riesigen roten Plüschherz. Als ich dann dort ankomme, sind sie gerade fertig und ziehen weiter. Auf der Brücke treffe ich auf eine junge Engländerin, die ebenfalls allein unterwegs ist. Ich helfe ihr bei einem Foto vom Eiffelturm und wir kommen noch ein wenig mehr ins Gespräch. Sie ist zum ersten mal in Paris und ich erkläre ihr, dass sie hier noch ein wenig mit mir warten soll, weil es sich lohnen wird. Pünktlich 22 Uhr begann dann auch wieder das Funkeln. Wusste sie gar nicht und dementsprechend war sie begeistert. In der Zwischenzeit mache ich weiter meine Aufnahmen. Als ich fertig bin werde ich von einem Mann angesprochen, ob ich nicht auch noch schnell ein Foto von ihm und seinem Sohn machen könne. Natürlich. Kein Problem. Danach ziehe ich weiter über die Quai Branly.
Ziemlich mutig positioniere ich mein Stativ auf der Straße, immer in der Hoffnung eine größere Auto-Pause abzupassen. Die Lücken in den Baumwipfeln lassen einen anderen Standort nicht zu. Mein Blick ist die ganze Zeit nach Hinten gerichtet, um nicht doch überfahren zu werden. Bei jedem Schwung Autos also schnell das Stativ und mich mit 2 Schritten wieder an die Seite gestellt. Die Aktion dauerte dadurch natürlich ein wenig länger. Erst einmal die perfekte Position finden. Dann Autos. Danach dann Kamerawinkel einstellen. Wieder Autos. Belichtung anpassen. Autos. Erste Belichtungsversuche. 20 Sekunden. Dann wieder Autos. Bild checken. Und so weiter und so fort… bis ich ein paar verschiedene Motiveinstellungen hatte war dann auch schon wieder fast eine halbe Stunde rum.
Am Eiffelturm selbst positionierte ich mich strategisch günstig an der Kreuzung der Pont d’Iéna. Kurz nach mir kommen noch 2 andere Fotografen. Aber die müssen kurz warten, wenn sie mich nicht mit im Bild haben wollen. Tolles Bild im Kasten und ich drehe mich um 180° in Richtung Trocadero und das Palais de Chaillot. Hier stelle ich mich auch ganz ans Ende der Fußgängerinsel und das Stativ schon auf den Mittelstreifen. Die Lampen leuchten gerade in einem guten Winkel. Also auch hier noch einige Aufnahmen. Die Leute in ihren Autos die wegen der roten Ampel immer mal wieder neben mir halten, freuen sich doch irgendwie alle über das was ich da tue. Jedenfalls sehr unterhaltsame Momente.
Nachdem ich auch die Fotos alle geschossen habe, laufe ich wieder weiter in Richtung Alma Marceau. Nur eben auf der anderen Uferseite. Der Avenue de New York. Hier begegne ich auch Lativ – einem älteren Herrn aus Südafrika – und wir kommen eine ganze Weile ins Gespräch. Er war vor über 30 Jahren das letzte Mal in Paris. Es ist kurz vor 23 Uhr. Ich bereite in der Zwischenzeit meine Kamera für einige weitere Aufnahmen vor. Ein kleines Geburtstags-Dankeschön für Jemanden mit kleinem Gruß. Interessiert schaut er mir zu was ich da für Verrenkungen mache, weil ich das Grußkärtchen doch festhalten muss, da es vom aufkommenden Wind sonst weggeweht worden wäre. Gar nicht so einfach diese (sportliche) Art der Langzeitbelichtung ;-)
Wenig später beginnt der Eiffelturm erneut zu glitzern. Er ist total erstaunt darüber und freut sich sichtlich. Für die Verwandtschaft hält er dieses Spektakel in einem kleinen Video fest. Er erzählt mir dann noch, dass es das damals so wohl noch nicht gegeben hätte. Und hätte er nicht da noch mit mir gewartet, wäre es ihm wohl gar nicht aufgefallen, da er in Richtung Metro weiter wollte. Er ist nur diesen einen Tag in Paris. Quasi auf der Durchreise von einem längeren Flug. Wir unterhalten uns noch ein wenig mehr über Dieses und Jenes und dann verabschieden wir uns voneinander. Heute macht es doch tatsächlich Spaß mit dem Smalltalk auf englisch.
Ich mache noch einen kleinen Abstecher hoch zum Palais de Tokyo. Gucken was da so los sein wird die Tage. Und dann sehe ich am Club YoYo nebenan, wer da am 27.09. auftreten wird. AaRON. Ja da war doch was… genau! Die Band, von der ich die Konzertkarten für Heidelberg gewonnen hatte und deren Auftritt aber 1 Tag vorher abgesagt wurde. Glücklicherweise habe ich hier freies w-lan und ich gucke gleich nach Karten. Zu meiner Enttäuschung stelle ich dann doch fest: Ausverkauft. Was ein Pech aber auch. Das wäre der krönende Abschluss für die Reise gewesen. Aber es sollte einfach nicht sein.
Ein klein wenig enttäuscht nach dieser doch spontanen Entdeckung ging ich zur Metrostation Iéna. Ab zum Hotel. Meine Füße tun sowieso schon weh, von der vielen Lauferei. Im Hotel unterhalte ich mich noch ein wenig mit Muri. Ist eh gerade recht ruhig. Und dann irgendwann ab auf’s Zimmer. War ein langer und aufregender Tag. Ich sichte noch die Fotos vom heutigen Tag. Schreibe ein wenig Tagebuch, lade alle Akkus und dann fallen auch mir irgendwann müde die Augen zu…

Paris – IV

Teil I
Teil II
Teil III

Samstag 26.09.2015
Okay. Das war eine kurze Nacht. Sehr kurz. Es hatte direkt an der Kreuzung (irgendwann gegen 4:30 Uhr) vor der Kirche mit mehreren Autos gekracht. An Schlaf war dann bei den Sirenen und Lärm nicht mehr zu denken. Nun denn. Müssen eben 3 Stunden reichen. Also kurz Pulli und Hose überwerfen und raus für ne Zigarette. Gucken, was denn diese Unruhe da draußen verursacht… Joa. Hat ordentlich gescheppert. 3 Krankenwagen, 1 Notarzt, 2 Polizeiwagen und 1 Feuerwehr wegen den ausgelaufenen Flüssigkeiten. Aber nun wieder rein. Ich nutze die Gelegenheit, um mir eine kleine Tour für den Tag zu erstellen. Auf jeden Fall in die Katakomben und ins Le Marais. Pflicht. Notre Dame auch noch kurz und natürlich Eiffelturm heute. Der Rest… spontan. Mal schauen, wo mich die Stadt hinzieht.
Kurz gefrühstückt und schon geht es los in Richtung Notre Dame. Mittlerweile ist es 9 Uhr. Die Stadt ist herrlich unhektisch zu dieser Uhrzeit. Werde ich mir merken.
Nach der Notre Dame geht’s dann direkt weiter zum Eingang der Katakomben. Es ist kurz vor 10 und die Schlange reicht schon um’s Eck. Die Sonne knallt. Warten. Einlass geht gleich los. Nach mir wird die Schlange innerhalb weniger Minuten extrem lang. Glück gehabt. Ich warte ungefähr eine dreiviertel Stunde, bis gefragt wird, ob noch 2-3 Leute mit in die Führung wollen. Jepp. Hier. Ich. Und somit geht es vorbei an den anderen 20-30 Leuten vor mir. Eine größere zusammengehörige Gruppe. Nach der Kasse geht es dann auch direkt hinab. Es beginnt unspektakulär, gibt einige Infotafeln zur Geschichte und Geologie. Man läuft und läuft. Immerhin ist es wirklich angenehm hier unten. Ein willkommener Kontrast zur Hitze oben. Nach etlichen zurückgelegten Metern kommt ein weiterer Durchgang über dem steht: „ARRÈTE! C’EST ICI L’EMPIRE DE LA MORT“. Ab hier dann das eigentliche Highlight dieser Tour. Beeindruckend. Faszinierend. Eine besondere Atmosphäre. Unser Guide erklärt sehr gut auf Englisch. Wir bekommen jede Menge interessanter Geschichten zu hören. Kunstvoll arrangierte Knochen. Nur irgendwann hat das Auge genug… Knochen ohne Ende. Und noch mehr Knochen… Am Ende der Tour geht es natürlich alles wieder nach oben. Einiges Stöhnen vor mir. Dann wieder warten. Und schon bald die letzten Stufen. Herausgekommen sind wir ganz woanders. Kurz orientiert. Auf die Uhr geguckt. Hunger. Also noch eben schnell was zu essen organisiert und ab an die Seine. Sonne genießen. Bei der Gelegenheit stellte ich dann leider auch fest, dass die Metro Samstag Mittag mehr als voll ist. Da drängen sich sehr schnell Bilder der Tokioter Metro auf und wie die Menschen bis auf den letzten Zentimeter noch in den Wagen gedrückt werden. Na zumindest hätte man bei einer Vollbremsung auch nicht umfallen können. Definitiv nichts für Demophobiker. ;-)
Bis ca. 15 Uhr genoss ich also das Wetter, die Stimmung, das Plätschern des Wassers, die Boote die vorbei fuhren und noch ein Eis.
Spontan entschloss ich mich dazu zum Cartier Chinois im 13ten zu fahren. Kontrastreiche Architektur. Avenue D’Italie. Nett zu laufen. Am Ende dann links weg und dann die Nächste auch wieder links. Ich komme an einem der üblichen Mittags-Essens-Märkte vorbei. Private Familien die gekocht und vorbereitet haben, bieten hier ihre authentischen Speisen an. Ich schaue interessiert und werde dann doch dazu überredet hier direkt etwas zu probieren. Der Herr am Nachbarstand macht es in seinem improvisierten Öfchen warm. Fleisch und Teig mit Gemüse eingewickelt in einem Bananenblatt. Ich weiß leider nicht mehr wie es hieß, es schmeckte jedoch fantastisch. Ich weiß noch nicht einmal welches Fleisch das war. Interessant. Ungewöhnlich. Aber lecker. Definitiv eine Erfahrung wert. Traut euch :-)
Auf meinem Weg wieder zur Metro mache ich noch einen Zwischenstopp an einem der kleinen Lädchen mit dem ganzen China-Deko-Kram. Kleine Erinnerung (Winkekatze) und ein paar Räucherstäbchen mitnehmen. Und dann wieder rein in die nun nicht mehr ganz so proppevolle Metro in Richtung Bastille.
Ab hier will ich zu Fuß das Marais erkunden. Rue St. Antoine. Als ich zum Maison Européenne de la Photographie komme und die Fotografen sehe die dort ausstellen, kann ich natürlich auch nicht dran vorbei gehen. Jean-Pierre Laffont, John Edward Heaton, Caio Reisewitz und noch einige mehr. Hat sich sehr gelohnt.
Danach gehe ich weiter und entdecke dieses hippe Viertel. Galerie an Galerie. Junge Leute. Bars. Cafés. Bunt. Kreativ. Modern und doch klassisch nostalgisch. Es ist schwer zu beschreiben. Man muss es fühlen, was das Le Marais ausmacht. Mein Lieblingsviertel von Paris. Hier entstand auch das Foto aus der Galerie mit dem verliebten Pärchen Arm in Arm.
In der ganzen Hitze bekam ich dann doch Durst und so kam es gerade gelegen, dass nur wenige Meter weiter ein kleiner Intermarché auftauchte. Hier kam es auch zu einem kleineren Zwischenfall. Mega unfreundlicher und gelangweilter Kassierer, der mich um ein paar Euro meines Rückgeldes bescheissen wollte und just in dem Moment so tat, als wüsste er nicht, was ich meine. Der Herr mit der Ratte in seiner Kapuze, der kurz vor mir dran war, bekam das aber noch mit und kam mir in der Argumentation zu Hilfe. Innerlich fluchte ich aufgebracht vor mir her. Du Depp. Stell dich nicht doof. Ich zerr dich gleich über die Theke, wenn du mir nicht das Rückgeld gibst. Wir redeten gefühlte 5 Minuten auf ihn ein, bis er verstanden hatte, dass ich nicht früher gehe und doch gleich die Polizei rufen würde. Ich bekam also letztendlich mein fehlendes Geld und unterhielt mich vor dem Laden noch ein wenig mit dem Herrn über seine Ratte, die ich dann auch mal auf den Arm nehmen durfte. Mein erstes Mal mit Ratte. ;-)
Mittlerweile war es schon 20 Uhr… ein wenig weiter entlang schlendern und dann zurück zum Hotel und noch die letzte Nacht buchen und bezahlen. Die Option hatte mir der Besitzer ja gelassen. Sehr cool. Den ganzen Kram ablegen. Umziehen und dann zum Eiffelturm.
Puhh.. Samstag Abend ist die Metro also genauso voll wie am Mittag. Warum wundere ich mich eigentlich? War doch zu erwarten. Mittlerweile ist es ca. 21:30 Uhr. Aussteigen an der Station Trocadéro. Ausgang in Richtung Eiffelturm nehmen wollen. Zum Glück sehe ich genau in diesem Moment noch einen – aus einem der vorderen Wagen der Metro – torkelnden jungen Mann… direkt auf mich zu. Ich mache einen kleinen Schritt nach rechts und bleibe stehen. Da kotzt er direkt schräg links vor mir auf den Boden. Jawoll. Herzlich willkommen in Paris. Ich lache verlegen. Na was ein Glück, dass er mir nicht auf’s Kleid gereiert hat. Die Passanten die diese Aktion mitbekommen haben lächeln ebenfalls erleichtert in meine Richtung. Abhaken. Weiter geht’s. Immer der Masse nach. Hoch auf die Terasse mit dem legendären Blick auf den Eiffelturm. In wenigen Minuten geht es los. Ich habe noch eine Position mit freier Sicht gefunden. Kamera einstellen und schon geht es los. 22 Uhr. Ein Raunen geht durch die Menge, als der Eiffelturm zu funkeln beginnt. Hinzu kommt heute auch noch ein perfekt stehender Mond und eine Wolkenlücke, die alles herrlich dramatisch wirken lässt. Sehr schön. Ein Moment, der mir auch noch lange in Erinnerung bleiben wird. Wunderschönes Zusammenspiel aller Komponenten. Ich bleibe noch ein Weilchen sitzen. Beobachte die Verkäufer mit ihren leuchtenden Flugspielzeugen. Schreibe noch ein paar Zeilen in mein Tagebuch und dann gehe ich nocheinmal hinunter zum Turm. Den restlichen Abend genießen. Fotos machen und dann wieder in Richtung Hotel. Ich merke, dass ich letzte Nacht nicht all zu viel Schlaf abbekommen hatte. Also zurück mit der vollen Metro zum Gare de l’Est und die letzten Meter müde zu Fuß.

Sonntag 27.09.2015
Die Nacht hatte ich deutlich länger geschlafen. Das Kirchengebimmel bekam ich kaum mit und auch der Straßenlärm hielt sich in Grenzen. Der Sonntag hielt aber noch eine anderweitige Überraschung parrat. Es war der erste Auto-freie Sonntag, den Paris hatte. Nun ja… was man so autofrei nennt… waren natürlich trotzdem einige unterwegs, doch absolut kein Vergleich, zu den Tagen davor. Ein ungewohntes Bild. Keine verstopften Straßen. Und am Eiffelturm selbst gar keine. Die Chance nutzte ich natürlich an diesem herrlich sonnigen Morgen und machte noch ein paar weitere Aufnahmen. Die Sonne stand im (für mich) perfekten Winkel zum Turm. Wieder zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Yesss! Wie es der Zufall dann auch noch wollte, sollte wenig später am Eiffelturm der Start des 38. Paris-Versailles Marathon stattfinden. Den hab ich natürlich auch noch mitgenommen.
Danach ging es dann durch den Jardin du Champ de Mars in Richtung Militärschule. Auf dem Weg dorthin vorbei an einem Fest für Familien mit ihren Kids, Square-Dance tanzenden Leuten weiter hinten im Park zugesehen und einer wirklich freakig freudigen Japanerin dabei geholfen, noch ein paar Fotos von sich und dem Eiffelturm zu bekommen. Sie muss mich mit meiner Kamera schon von weitem gesehen haben und kam schnurstraks und breit grinsend auf mich zu. War echt klasse. Krasser Style. Sehr cool mit ihrem Zuckerwatte-farbenem Haar. Mein Highlight des Tages.
Danach ging es dann aber wieder zurück zum Hotel. Auschecken. Also mit meinem ganzen Kram in Richtung Gare de l’Est und auf den TGV warten.
Noch eine gute Stunde. Leute beobachten. Lebensgeschichten ausdenken. Wo kommen sie her. Wo wollen sie hin. Was erleben sie. Gesprächsfetzen aufschnappen.
Dann rollt der TGV auch schon ein. Zum Glück sitzt dieses Mal niemand auf meinem Platz. Natürlich wieder am Fenster. Wie reserviert. Wenig später nimmt ein Herr mittleren Alters neben mir Platz. Amerikaner wie sich schnell herausstellt. Kommunikativ. Wieder keine Ruhe. Darf doch nicht wahr sein. Nun gut… verging die Zeit auch recht flott und ich konnte mein holpriges Englisch mal wieder sprechen üben. Nicht nur 5-10 Minuten lang, wie die Tage zuvor. (Ich verstehe weit mehr, als ich selbst über die Lippen auf Englisch rausbekomme. Fehlende Übung eben…)
Es dauerte nicht lange und wir kamen auf das Thema Trump. Vom Reisen in Europa und wo wir überall schon waren über die DDR zu Trump. Irgendwo im Gespräch falsch abgebogen. Ich muss kurz lachen. Mein Gesprächspartner schaut mich verwirrt an und lacht dann mit. Ok. Gut gerettet. Jedenfalls wird unser Gespräch dann doch recht schnell etwas aufgeregter. Was wäre wenn. Trump Präsident und so. Will keiner von uns Beiden. Worst Case-Szenarios in unseren Köpfen. Und dann war es auch schon fast Ende der Fahrt für uns beide. Karlsruhe. Er weiter nach Frankfurt und ich Richtung Basel. War doch ganz nett. Kurzweilig.
In Karlsruhe dann ab in den ICE nach Basel. Ich sitze am Gang. Links neben mir sitzt ein junger Mann der sich New York Fotos an seinem Laptop anguckt. Scheint wohl gerade zurückgekommen zu sein. Aber er ist absolut nicht gesprächig. Auch recht. Rechts neben mir nach dem Gang 2 ältere Damen. Die eine am Gang knabbert Nüsse aus einer Tüte. Eine Verpackung in der sie nur eine sehr kleine Öffnung gemacht hatte. Raschel raschel. Schüttel. Mampf. Raschel. Schüttel. Knister. Mampf. Und so weiter… Kurz bevor ich ihr sagen will, wie unglaublich nervig ihre Art und Weise des Nüsse-Essens bzw. Rausfummeln der selbigen ist, packt sie die Tüte weg. Na da haste ja nochmal Glück gehabt. Beinahe wäre ich zynisch geworden. Halbwegs komplikationslos ging dann auch die restliche Reise bis Heim von statten. Ich hatte nun ein paar Tage meine Tochter nicht gesehen und so war aufgrund meiner Prosopagnosie der Unterschied riesig. Ich staunte. War überwältigt und überglücklich schloss ich sie in meine Arme.

Das war es also… mein kleines Abenteuer. Genau zur richtigen Zeit, denn nur wenig später, sollte sich mein Leben komplett verändern. Ich bin froh, dass ich das damals so durchgezogen hab. Von den Erinnerungen zehre ich noch heute und sie waren es auch, die mich die folgenden Monate gut durchhalten ließen. Wenn man auf sein Herz hört und das durchzieht, dann eröffnen sich neue Wege, die letztenendes doch glücklicher und zufrieden machen, als man vielleicht zum aktuellen Zeitpunkt noch gar nicht absehen kann. Für mich nehme ich jedenfalls als Lebenserfahrung mit, dass egal was kommt, ich auf mich selbst immer vertrauen kann. Ich finde einen Weg, etwas Gutes für mich und meine Tochter daraus zu machen. Wer braucht schon all diesen materiellen Kram, wenn er auch so zufrieden sein kann. Nun so bei Null wieder angefangen zu haben, hatte etwas sehr befreiendes für das ich durchaus dankbar bin.
„We think that if we have health and wealth they’re enough to be happy, but actually happiness depends on the state of our minds.“ (Dalai Lama) Recht hat er.

An dieser Stelle nun auch ein Dankeschön an all diejenigen, die meine Reise bis hierher mitverfolgt haben. Danke für die netten Worte und den Zuspruch. Das bedeutet mir viel!

(Header-Foto: Kronleuchter in der Notre Dame)

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Ein passendes Lied zu meinem Weg: Wolfsheim – Kein Zurück

Dein Leben dreht sich nur im Kreis
So voll von weggeworfener Zeit
Deine Träume schiebst du endlos vor dir her
Du willst noch leben irgendwann
Doch wenn nicht heute, wann denn dann?
Denn irgendwann ist auch ein Traum zu lange her.

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