Autismus, Schlaf und ASMR

Schlafzimmer des Königs in Versailles

(Das Bild zeigt das Schlafzimmer des Königs in Versailles.)


Schlafprobleme, ein Thema welches viele Autistinnen und Autisten über Jahre oder Jahrzehnte hinweg begleitet und in der Autismus-Forschung leider nicht wirklich Beachtung findet. Hier gibt es massiven Nachholbedarf. Medikamentöse Ruhigstellung kann und darf nicht das Ziel sein.

Viele von uns kennen die üblichen gut gemeinten Ratschläge, die man überall zu hören bekommt. Schlafzimmer nur 18°C, eine Stunde vor dem Schlafen gehen kein Smartphone oder TV mehr, etwas lesen, warme Milch trinken und und und.
Nun… ich hab das auch alles durchprobiert – auch Medikamente zum Einschlafen hatte ich jahrelang. Wirklich geholfen hatte nichts oder zumindest nicht so, wie ich es mir gewünscht hätte. Vor allem Schlaftabletten haben doch die ein oder andere unerwünschte Nebenwirkung.
Was für Nicht-Autisten sinnvoll sein mag, ist es bei Autistinnen und Autisten nicht unbedingt. Das mag daran liegen, dass wir Reize deutlich stärker bzw. ungefiltert wahrnehmen und auch daran, dass unser Gehirn ständig auf Hochtouren läuft. Runter kommen oder mal Nichts denken… für mich persönlich nicht machbar. Ich habe eigentlich nie einen Moment, in dem ich mal nicht nachdenke. Auch entspannen fällt mir sehr schwer. Gedanklicher Leerlauf sozusagen, wie es bei Nicht-Autisten wohl vorkommt, kenne ich nicht wirklich. Was genau dafür die Ursache ist, das können andere vielleicht besser beschreiben als ich. Ich für meinen Teil vermute, dass es ein Mix aus dem jahrzehntelangen Maskieren, dem ständigen nachträglichen analysieren von Gesprächen und Situationen, (Tages-)Abläufe vorausplanen, Reize die ich wahrnehme usw. ist. Kurz: Seit kleinauf kenne ich es nicht anders, als ständig „unter Strom zu stehen“ (RW).

18°C in der Wohnung oder gar im Schlafzimmer? Für mich der Garant für einen Overload. Ich friere dann zu sehr. Wer jetzt sagt, dann zieh dir halt mehr an oder nimm eine dickere Decke… nein. Ich ertrage Reize durch Kleidung auf der Haut nur schlecht. Deswegen laufe ich auch im Winter nur in weich fallenden Kleidern durch die Wohnung, die entsprechend auf 22-23°C beheizt ist. Sommer, wie Winter laufe ich daheim Barfuß. Socken sind mir ein Graus, was die Reize an den Zehen betrifft. Und beim Schlafen unter einer dicken Decke… dann überhitzt mein Körper zu sehr und im Gesicht spüre ich kalte Luftzüge… das alles sind Dinge, die mich nur noch unnötiger wach bleiben lassen und am Ende bin ich nur noch genervter. Probiert hab ich all diese Dinge über Wochen hinweg, falls ich mich doch daran gewöhnt hätte… nun ja… hab ich nicht und ich hatte den Vorteil, dass ich das alles allein für mich selbst probieren wollte.

Wenn dies nun einem Kind von außen so aufgezwungen werden würde, sähe das schon deutlich anders aus. Ein weiterer Punkt im Leben von Autisten, der Druck erzeugt… – dies ist nun wahrlich das Letzte, was wir brauchen. Daher einfach schauen unter welchen Bedingungen man am besten einschlafen kann. Diese sind so individuell wie Menschen eben unterschiedlich sind.

Deswegen liebe Eltern, wenn eure autistischen Kinder Einschlafprobleme haben… bedenkt vielleicht auch die Zimmertemperatur. Vielleicht fühlt sich das Kind in einem 2 Grad wärmeren Zimmer wohler und mag es vielleicht auch lieber, mit weniger Kleidung durch die Wohnung zu laufen. All dies kann Reize, die sich so über den Tag summieren unter’m Strich dann doch reduzieren, was dann wiederum die Anspannung am Abend insgesamt verringert und das Einschlafen erleichtert.

Auch bei einer gut geheizten Wohnung kann man durch Türen geschlossen halten oder Stoßlüften die Wärme ganz gut halten, wenn man es eben deutlich wärmer als der Durchschnitt mag. Meine Heizkosten lagen schon immer im unteren Bereich. Einfach mal schauen, wo man Stellen findet, wo Wärme entweicht. An hohen Türritzen hab ich im Winter immer ein aufgerolltes Handtuch hingelegt.

Meine Einschlafprobleme habe ich seit klein auf. Schon in jungen Jahren lag ich Abends oft 1-2 Stunden wach, weil die Gedanken nicht leiser werden wollten. Eine Gedanke jagte den nächsten, die Gedankenspirale drehte sich von einem Thema zum nächsten. Den Peak hatte das Ganze zu meiner Gymnasialzeit und in meinen Zwanzigern. Einer Zeit mit viel Schulstress, Umbruch- und Veränderungsphasen. Ich schlief pro Nacht nur etwa 4 Stunden und die nicht mal am Stück. Das ging mehrere Jahre so. Gesund war das wahrlich nicht, aber ich wusste damals auch noch nicht, dass ich Autistin bin und hielt das irgendwie für normal und das es eben vielen Menschen so gehe. Die Diagnose erhielt ich erst vor 9 Jahren mit 28.
Seit der Diagnose hab ich mich dann auch dem Problem des Schlafes intensiver gewidmet und so landete man unweigerlich auch bei den durch Ärzte verordneten starken Schlafmitteln. Diese helfen zwar eine kurze Zeit lang sehr zuverlässig beim Einschlafen, aber sind eben nichts auf Dauer. Der Körper gewöhnt sich rasch daran und braucht dann immer mehr für eine gleichbleibende Wirkung. Das Absetzen war dann auch nicht ganz so easy mit dem Wirkstoffentzug, daher lieber gleich die Finger davon lassen und falls es eben kurzfristig doch notwendig ist, um überhaupt mal wieder einen einigermaßen gesunden Schlafrhythmus zu bekommen, den Arzt nach weniger starken Mitteln fragen. Danach folgte ein nicht abhängig machendes Medikament, dies nahm ich 2 Jahre lang jeden Abend. Wirklich guter und erholsamer Schlaf war auch das nicht, aber zumindest mit weniger Überhang am nächsten Tag als durch die anderen ausprobierten stärkeren Schlafmittel. So kam ich immerhin auf 6 Stunden Schlaf und einen weniger müden Start in den Tag, dafür hatte ich aber fast jede Nacht Albträume, die ich mittlerweile klar dem letzten Medikament zuordnen kann.

Nebenbei machte ich in den letzten Jahren auch noch eine kognitive Verhaltenstherapie, die mir ebenfalls half, Stressoren herauszufinden und mich von diesen zu trennen. Nach dem erneuten Kontaktabbruch zu meinen Erzeugern ging es mir deutlich besser und auch der Umzug nach Frankfurt im August 2020 brachte noch einmal deutliche Besserung, weil ich nicht mehr mit meinen mich mit absichtlichen Lärm terrorisierenden Nachbarn über mir und der hellhörigen Wohnung leben musste.

Mein bis dahin halbwegs bewährtes Schlafprozedere war also: 22,5°C im Schlafzimmer, eine leichte Decke, leichtes Nachtshirt und Film oder Serie gucken zum Einschlafen. Reine Hörbücher haben bei mir eine schlechtere Wirkung, als Serie gucken und dann allmählich wegzuschlummern. Der optische Reiz hilft mir, von den reinen Gedankenkreisen etwas wegzukommen. Hierzu stelle ich aber den Monitor am TV, Tablet oder Smartphone auf eine niedrige Geräusch- und Helligkeitsstufe und ich stelle es so ein, dass das Gerät nach 1 Stunde von allein aus geht. Klappte nicht immer, aber oft bekam ich nicht mehr mit, wie sich das Gerät ausschaltete, weil ich bereits schlief.

Dann stolperte ich vor etwas mehr als einem Jahr auf youtube über das Thema ASMR.
ASMR steht für „Autonomous Sensory Meridian Response“. Was es wissenschaftlich damit auf sich hat, werde ich hier jetzt nicht näher drauf eingehen, sondern ich möchte euch erzählen, warum ich es vor allem auch für Autistinnen und Autisten eine durchaus gute Alternative zu Medikamenten halte, wenn es um das Thema schlafen geht, aber auch um negative Erregungszustände abzubauen. Ängste sind auch eine oft auftretende Komorbidität bei Autismus, auch hier denke ich, dass ASMR-Videos als ein weiterer Baustein hilfreich sein können.
Es scheint auf den ersten Blick nicht sehr logisch mit Geräuschen und weiteren Reizen für Einschlafhilfe zu sorgen, aber ähnlich wie ich tagsüber gern Musik auf Kopfhörern höre und mich so von anderen unerwünschten akustischen Reizen etwas abschirmen kann, so sind auch diese hier mit den ASMR-Videos selbst gewählt und dadurch doch ganz angenehm. Vorwiegend wird in den Videos geflüstert und die akustischen Reize wurden mit Bedacht produziert.

In den Videos mit oftmals über 1 Mio. Views (ich werde unten eine kleine Playlist mit verschiedenen ASMR-Videos die ich gut fand verlinken), schaffen es die Künstlerinnen – ja, meistens sind es Frauen – mit Hilfe von Geräuschen ein entspannendes Gefühl beim Hörer auszulösen. Sogenannte Tingles.
Viele ASMR-Künstlerinnen produzieren ihre Videos sehr aufwendig und so ist es keine Seltenheit, dass sie für ihre Rollenspiele ihre genutzten Gegenstände und Deko auch selbst herstellen. Die Videos sind oft einem bestimmten Thema gewidmet. Sie reichen von Beauty- und Spa-Behandlungen, bis hin zu Szenen als Ciri aus ‚The Witcher‘ oder Themen im Steampunk Setting. Es dürfte eigentlich für jeden ein passendes Genre geben.
Die Videos vermitteln ein Gefühl der Nähe, des sich kümmerns… ohne das man tatsächlich angefasst wird. Auch etwas, womit manche Autistinnen und Autisten Probleme haben. Es gibt auch Videos zu medizinischen Untersuchungen oder einem Besuch beim Friseur. Diese könnten vor allem bei autistischen Kindern dazu beitragen Ängste und vor allem auch Unsicherheiten vor solchen realen Besuchen abzubauen.

Für Menschen die sich öfters mal einsam fühlen, sind diese auch eine gute Möglichkeit, das angenehme Gefühl zu erhalten, dass sich jemand (virtuell) um einen kümmert. ‚Personal attention‘ heißt hier das Schlagwort. Ebenfalls bieten die Videos einen Leitfaden, wie man sich auch um sich selbst kümmern kann (z.B. Thema Gesichts- oder Haarpflege) und welche Schritte dies alles umfassen kann. Ihr merkt, diese Videos können für viele Bereiche hilfreich sein.

Jedenfalls kam es so, dass ich diese Videos immer regelmäßiger schaute. Zunächst, weil mich auch die Geschichten und Setups interessierten und irgendwann, weil ich tatsächlich merkte, dass mich diese Videos entspannter machten und ich das ein oder andere mal ohne Schlaftablette wegdämmerte. Nach einiger Zeit entschied ich mich dazu, ganz auf die allabendliche Tablette zu verzichten. Die Umstellung und Entwöhnung (einfach weil auch dies eine Routine geworden war) waren etwas holprig, aber im Nachhinein bin ich nun sehr froh, es so umgesetzt zu haben. Mittlerweile schlafe ich jeden Abend mit Hilfe dieser ASMR-Videos schon nach etwa 15-20 Minuten ein und insgesamt hat sich die Schlafdauer auf 7, manchmal sogar 8, Stunden verlängert und ich wache insgesamt auch weniger zwischendurch auf.

Hier achte ich darauf, dass mein Tablet auf die zweitniedrigste Lautstärke eingestellt ist, zu leise ist für mich auch nicht gut. Es muss gerade so laut sein, dass ich es gut höre und nicht nur reiner ‚Geräuschbrei‘ bei mir ankommt. Zu laut lässt mich dann wiederum zu konzentriert zuhören. Hier muss jeder eben für sich die richtigen Einstellungen finden. Kopfhörer nutze ich hierfür nicht.
Dann habe ich die Option am Tablet aktiviert, dass das blaue Licht gefiltert wird, dass alles einen warmen Farbton erhält und die Bildschirmhelligkeit hab ich dann auf niedrigster Stufe, damit ich nicht geblendet werde. Außerdem ist bei youtube das ‚auto play‘ deaktiviert und das Gerät geht nach dem einen Video auch automatisch in den Standby. (Insgesamt also auch stromsparende Optionen.) Es gibt nichts schlimmeres als gerade eingeschlafen zu sein und dann brüllt dir eine Werbung vom nächsten Video entgegen.
Dies ist übrigens auch etwas, worauf die guten ASMR-Artisten achten, dass sie ihre Videos so einstellen, dass die Werbung zu Beginn des Videos kommt und nicht mitten drin oder am Ende.

Oft schaue ich auch das gleiche Video mehrere Abende hintereinander, wenn ein Tag mal nicht gut lief oder ich etwas Vertrautes und für mich garantiert wirksames brauche. Meine 9-jährige Tochter schaut ebenfalls die Videos, auch bei ihr kann man dann förmlich zugucken, wie sie entspannter und müder wird. Mir selbst helfen sie z.B. bei einem Meltdown um auch tagsüber wieder ruhiger zu werden.

Mittlerweile gibt es auch Menschen die das Thema ASMR aufgreifen um ihr Handwerk zu zeigen. Journaling, malen, ein Buch binden, kochen oder Hausarbeit… ASMR erfreut sich immer größerer Beliebtheit. Es ist thematisch sicher etwas für jeden dabei.
Einfach mal rumstöbern und versuchen, wenn sonst andere Optionen auch nicht zur Beseitigung der Schlafprobleme führten. Vielleicht sind ASMR-Videos auch für euch eine niedrigschwellige Lösung für dieses oder jenes Problem oder tragen zumindest zur Linderung bei. :-)


Kleine ASMR-Playlist (Link zu meinem youtube Kanal):
https://youtube.com/playlist?list=PLIpSIJJp0-bzMcUfB7xN4Mov_97KM_HML





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Vertikalkartoffelgratin Rezept

Auf vielfachen Wunsch, hier nun also endlich mein Rezept für das Kartoffelgratin in vertikaler Ausrichtung.

Warum vertikal? Ganz einfach – Gleichberechtigung.
Käse und Kruste für jede Kartoffel!
Mit jedem Bissen nur das Beste.

Nun gut, nicht lang schnacken. Hier die nackten Zahlen.

Die Angaben beziehen sich auf eine Auflaufform mit den Maßen 20 x 30 cm und 5 cm hoch.

Serviervorschlag:
Zum Kartoffelgratin empfehle ich medium gebratene Entenbrust und einen Rosé aus der Provence. Französischer Rotwein und medium gebratene Schweinemedaillons haben aber auch noch nie enttäuscht. :-)


Zutaten:

2 kg geschälte festkochende Kartoffeln
300 g Crème Légère
200 ml Cremefine (15%) zum Kochen
100 ml Wasser
100 g Parmegiano Reggiano, gerieben
Butter zum Einfetten der Form

Menge nach eigenem Belieben:

Muskatnuss, gerieben
Pfeffer, gemahlen
Petersilie, gehackt

Arbeitsschritte:

1.
Die Kartoffeln schälen und in etwa gleich große Stücke halbieren oder Vierteln, je nach verwendeter Kartoffelgröße.
Kartoffeln in gesalzenem Wasser etwa 12 Minuten vorkochen – nicht komplett weich kochen! Abgießen und ohne Deckel abkühlen lassen.

(Ich verwende gerne große, dicke Kartoffeln. Viertele diese also. Die Scheiben, die ihr später aus den geteilten Kartoffeln schneiden wollt, sollten nicht (viel) höher als eure Auflaufform sein, sonst kommt ihr mit der Kartoffelmenge nicht ganz hin. Alternativ könnt ihr aber auch einfach 2-3 Kartoffeln mehr schälen und kochen.)

2.
Auflaufform mit der Butter einfetten. Seitenrand nicht vergessen.
Nach dem Abkühlen Kartoffeln in Scheiben von ca. 4 mm Dicke schneiden.

3.
Nun beginnend an der schmalen Seite (20cm) der Auflaufform die Kartoffelscheiben hochkant nebeneinander aufstellen. Die zweite Reihe dann leicht versetzt beginnen, sodass ein Muster wie bei einer Backsteinmauer oder Dachziegeln entsteht. Reihe 3 dann entsprechend wieder versetzt. Immer so weiter im Wechsel, bis die Form voll ist.

Zu Beginn in den ersten 2-3 Reihen kann es passieren, dass die Kartoffeln nach vorn wegrutschen. Mit etwas Übung klappt es besser – bitte nicht verzagen.
Bereits aufgestellte Kartoffeln mit einer Hand etwas festhalten und mit der anderen weiter Schichten. Irgendwann hält es ganz gut von allein.
Auch wichtig, die Kartoffeln nicht zu fest aneinander drücken. Wir wollen das die Flüssigkeit nachher noch gut dazwischen fließen kann.

4.
Ofen auf 180 °C Umluft vorheizen.

Wasser, Crème Légère, Cremefine in einem Topf mit einem Schneebesen zusammenrühren. Mit Pfeffer und Muskatnuss nach belieben würzen.
Einmal alles unter rühren aufkochen lassen, vom Herd nehmen und dann gleichmäßig über die Kartoffeln gießen.

Ist die Sauce überall gut hingeflossen? Ja? Dann weiter mit Schritt 5.

Kleben aber einige Kartoffeln zu sehr aneinander, dann einfach jeweils mit der Spitze eines Messers vorsichtig dazwischen fahren und leicht voneinander lockern (Messer kurz verkanten), bis die Sauce auch hier gut zwischen fließt. Die kleine Extraarbeit lohnt sich.

5.
Den geriebenen Parmegiano Reggiano über die Kartoffeln geben. Gratin nun auf mittlerer Schiene auf dem Gitterrost in den Ofen schieben. Etwa 25-30 Minuten backen bis der Käse Goldbraun ist.

6.
Vertikalkartoffelgratin aus dem Ofen nehmen und gehackte Petersilie darüber streuen.

Guten Appetit!

Medium gebratene Ente mit Kartoffelgratin

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Interview

Dem Stadt.Land.Kind-Magazin gab ich vor einiger Zeit ein Interview.

Dieses könnt ihr online nachlesen: Interview
Themen hier u.a. #NoABA, Augenkontakt, UN-Behindertenrechtskonvention, spezielle Einkaufszeiten für Autisten und mehr…

In der Printausgabe (02/2019) erschien ebenfalls ein 2-seitiger Beitrag über mich und mein Leben mit Autismus.

 

Fachtag Rosenheim

Ihr Lieben,

am 16. + 17.11.2019 findet der 4. Fachtag von Autismus Rosenheim statt.

Am 17.11.2019 werde ich selbst einen Vortrag halten. Das Thema wird sein: „Autistischer Burnout – mögliche Ursachen und Lösungsansätze“
Ich werde dort u.a. aus meinem eigenen Erleben berichten.

An Tag 1 bin ich ab Nachmittag ebenfalls schon vor Ort – vielleicht ergibt sich das ein oder andere nette Gespräch.

 

 

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Freundschaften

Ende letzten Jahres stellte ich auf Twitter eine Frage über Freundschaft – von den Reaktionen und der Teilnahme war ich überwältigt. Wer den Tweet anklickt, kann auch selbst einmal die ganzen Kommentare lesen. :-)

 
Aus genau jenem Tweet ergab es sich, dass das ‚Supernovamag‘ auf mich aufmerksam wurde und mich kontaktierte, ob ich nicht einen Text darüber schreiben wolle.
Ich stimmte zu.
Auf den Text wiederum erhielt ich erneut viel Anteilnahme und positiven Zuspruch. Dafür bin ich sehr dankbar!

Und hier geht es nun entlang zu meinem Text auf der Webseite von Supernova:

‚Als Autistin Freundschaften knüpfen‘

 
 
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Man Made Epidemic – Ein Rückblick

Das Thema hat seither nichts an Aktualität verloren. Noch immer verbreiten Menschen ziemlichen Blödsinn zum Thema Autismus – z.B. Impfungen würden Autismus auslösen. Diese Behauptung stimmt natürlich nicht!
Daher nun auch zum dauerhaften Nachlesen unsere Eindrücke von damals.

Ein Rückblick in den Juni 2018. Mela Eckenfels (Twitter @Felicea) und ich besuchten an diesem 25. Juni eine öffentliche Vorführung des Filmes ‚Man Made Epidemic‘ in Heidelberg, mit anschließender Frage-/Diskussionsrunde mit Paul Shattock und den Anwesenden. Glücklicherweise verirrten sich nur wenige zu dieser Veranstaltung.

Mela hatte während der Veranstaltung live mitgetwittert und dazu später 3 Blogposts veröffentlicht. Ich achtete während der Vorführung des Filmes hauptsächlich auf die Rhetorik, um später in der Diskussionsrunde darauf eingehen zu können. Solche Aussagen können schließlich nicht unkommentiert stehengelassen werden. Leider war man uns beiden (Mela und mir) gegenüber sehr voreingenommen, als wir uns kritisch zu den gezeigten Dingen oder falschen Tatsachen im Film äußerten.

Die anwesenden Mütter von Autisten hatten ihre vorgefasste Meinung. Da konnte ich wenig ausrichten. Ich als Autistin mit Asperger-Diagnose könne doch gar nicht wissen, wie es ‚echten‘ Autisten gehe. Sie als Eltern würden leiden, die Kinder würden leiden… Leid, leiden… – ich bin es leid, so etwas zu hören. ‚Schwerer‘ Autismus gegen vermeintlich ‚milden‘ bzw. ‚leichten‘ Autismus.
Was ein Blödsinn und unsinnige Spaltung.

Ich schrieb es schon an anderer Stelle in diesem Blog:
Den hochfunktionalen Autisten werden ihre Schwierigkeiten abgesprochen und den niedrigfunktionalen wird hingegen zu wenig zugetraut.

Mela gab ihr Fachwissen zu Gute und nahm den Film und die darin enthaltenen Behauptungen auseinander, ich versuchte es zusätzlich auf der menschlichen Ebene und gab Einblicke in mein Leben als Autistin.
2 andere Anwesende/Interessierte konnten wir immerhin zum kritischen Nachdenken anregen. Allein dafür hat es sich gelohnt, das wir dort waren.

Melas Tweetsammlungen:
Man Made Epidemic – Live mitgetwittert
Man Made Epidemic – Nachtgedanken
Man Made Epidemic – Rekapitulation

Anstrengend war der Abend in jedem Fall – auch mir hat es viel abverlangt, auch wenn man es mir nicht direkt anmerkte:

 
Leider bleibt dann im Nachhinein sowas auch nicht aus… Die Vorsitzende war eine der anwesenden Mütter.

 
Zusammenfassend kann man sagen:

 
Wie es der Zufall so wollte…

 
 
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vom Loslassen und nach vorn sehen

Mein letztes Jahr und auch noch einige Monate davor waren sehr troubelig, heftig und manchmal auch sehr dunkel. Aber mittlerweile geht es mir im Vergleich dazu deutlich besser. Ich habe mich persönlich ziemlich weiterentwickelt und viele wertvolle Erkenntnisse über mich gewonnen. Über meine Stärken, aber auch über meine Schwächen. Ich habe im vergangenen Jahr viel erreicht und klare Ziele vor Augen. Diese betreffen nicht nur das Jahr 2019, sondern sind auch längerfristig gesetzt.

Aber zunächst zum Blick nach vorn:

Wie ihr sicher schon festgestellt habt, habe ich noch im letzten Jahr die Webseite inhaltlich etwas umstrukturiert. Der Fokus liegt nun deutlicher auf der Fotografie. Aber keine Sorge, Autismus wird hier weiter Thema bleiben. Ich verbinde nun einfach beides miteinander. Das bin schließlich ich. Und ich fühle, dass ich in dieser Kombination besser aufklären und Menschen erreichen kann.
Ich bleibe weiterhin Aktivistin und kämpfe für bessere Bedingungen für Autisten.
Ich bin nach wie vor ganz klar gegen ABA!
Allen voran aber setze ich mich auch für bessere Unterstützung und passende Hilfen für uns Autisten ein. Es kann nicht sein, das wir, die noch in alter Kategorie die Diagnose „Asperger-Syndrom“ erhielten, nicht ernst genommen und unsere Probleme bagatellisiert werden.
Glücklicherweise gibt es nun diese Unterteilung in diese Schubladen ‚leicht‘ und ’schwer‘ betroffen aka Asperger-Syndrom vs. Kanner-Autismus offiziell nicht mehr. Wir alle befinden uns im Autismus-Spektrum. Jeder von uns hat seine Schwierigkeiten, aber auch seine eigenen Stärken und dennoch haben wir so vieles gemeinsam! Es ist unangebracht Autisten so gegeneinander auszuspielen und immer wieder zu behaupten, man könne ja nicht für diese oder jene sprechen.

Was wir können ist klar: Wir können unser Erleben nach Außen tragen. Im Grunde haben wir alle sehr ähnliche Hürden zu meistern und begegnen Vorurteilen. Die einen werden oft unterschätzt, die anderen überschätzt. Beides ist gleich schlimm und schädlich. Fehlende Inklusion. Druck auf Anpassung und Kompensation. Ich habe selbst erlebt, wie zerstörerisch das sein kann.
Die die können, die setzen sich auch für die anderen mit ein. Die die das nicht können, können unterstützen. Jeder auf seine Art.

Das was ich im letzten Jahr leider als sehr negativ erlebt habe: Das Rumnörgeln an denen die etwas tun. An denjenigen, die sich da raus wagen und gegen den Wind stellen. Dem standzuhalten kostet immense Kraft und so manches mal fragt man sich: ‚Warum tue ich mir das eigentlich an?‘ – doch dann kommen immer wieder die kleinen und großen Erfolgsmomente. Das ist was einem immer wieder Kraft gibt. Man tut das nicht (nur) für sich, dafür ist das System vermutlich zu schwerfällig. Aber Aktivisten ebnen den Weg für diejenigen, die nach ihnen kommen.
Was nicht hilfreich ist, ist das Jammern und nichts tun. Wenn ihr nicht damit einverstanden seid, was und wie Aktivisten etwas tun, dann macht es selbst anders. Werdet zu einem Vorbild. Durch ‚Nichts-tun‘ hat sich noch nie etwas nachhaltig verändert. Das betrifft so viele Bereiche des Lebens.
Ich wünsche mir, dass dies endlich in den Köpfen vieler Menschen ankommt.

Im vergangenen Jahr nährte sich ebenfalls die Idee, dass ich gerne eine Ausstellung machen möchte. Das möchte ich dieses Jahr nun konkreter werden lassen. Thema und Art werde ich dann, wenn es soweit ist, natürlich hier auf meiner Webseite bekanntgeben. Ob das letztendlich 2019 noch stattfinden wird, kann und möchte ich nicht versprechen, aber ich werde mich diesem Ziel einer Ausstellung deutlicher annähern.

Ich habe mir vorgenommen nun auch wieder mehr Yoga zu machen und einige Kilos, die depressionsbedingt hinzukamen, wieder abzutrainieren. Ich möchte mehr Ruhe in mir selbst finden. Yoga ist für mich da das beste Hilfsmittel zum abschalten. Ich habe begonnen meinen Lebensstil ernährungstechnisch und auch generell zu verbessern. Ende vergangenen Jahres habe ich auch dafür schon den Grundstein für eine solche Veränderung gelegt. 6kg sind seit Mitte November bereits runter, 17 more to follow. Werde ich schaffen, da glaube ich fest an mich. Auch dieses Ziel habe ich klar vor Augen.

Mein Rückblick auf 2018:

Tjoa… nicht so einfach darüber zu schreiben, aber ich betrachte es als Teil des Loslassens.
Ich fange mit den eher unschönen Dingen an, die mich doch sehr geprägt, aber letztendlich auch persönlich weiter voran gebracht haben. Sie haben mir klar meine eigenen Schwächen aufgezeigt. Und zumindest dafür bin ich dankbar.
Ich bin nicht mehr frustriert oder verärgert über diese Verhaltensweisen mir gegenüber. Es sind Menschen, die wohl einfach nicht anders können.
Aber ich habe mich Ende letzten Jahres dafür entschieden, dass sich diese Lebenswege trennen. Umgangssprachlich würde man wohl sagen: Sie haben es richtig verkackt. Chancen immer wieder weggeworfen und Vertrauen mehrfach missbraucht. Konsequenz: Diese Menschen haben keine Zukunft mehr in meinem Herzen.

Abschließen werde ich den Blogbeitrag hier dann selbstredend mit den positiven Dingen aus dem letzten Jahr.

Das Jahr begann ziemlich dunkel. Der Oktober 2017 war noch nicht lang her. Ich erlebte in jenem Oktober einen ziemlich heftigen Autistischen-Bournout. Jahrelange Kompensation und ‚Maske tragen‘ haben ihren Tribut eingefordert. Nichts ging mehr. Ein Grund warum mir #DieMaskeAbnehmen (Link zu meinem Blogtext) so wichtig ist!

Seither habe ich viel an mir gearbeitet und mir professionelle Hilfe gesucht, für die ich sehr dankbar bin! Ich bin froh, dass mir das alles so gut hilft. Ich habe mich viel besser kennen- und verstehen gelernt in all den Monaten. Es war und ist nicht leicht, in seiner Vergangenheit zu graben, zu akzeptieren was einen bisher (unbewusst) beeinflusst hat – wer man heute ist, sich mit sich selbst auseinanderzusetzen – und dann harte und sehr verändernde Entscheidungen zu treffen. Auch sich selbst in seinem Verhalten und Denken zu hinterfragen und zu verändern.
So wie mein Leben war konnte es nicht weitergehen. Da sind einige Tränen in Therapiesitzungen geflossen, als so manches unerwartet und plötzlich an die Oberfläche kam. Spannend ist, dass man in solchen Therapiegesprächen mittels professioneller Anleitung sich selbst hilft. Seinen eigenen Weg und Lösungen dafür findet. Bisher gemachte Erfahrungen treten wieder mehr an die Oberfläche, die mit der Zeit in Vergessenheit gerieten oder auch absichtlich verdrängt wurden, weil sie besonders weh taten. Aber auch zwischen den Stunden kamen die Tränen immer mal wieder, immer dann wenn man das Aufgewühlte letztendlich akzeptiert und verarbeitet. Man (verdrängten) Emotionen endlich einen Namen geben kann und Ursachen bzw. Auslöser erkennt. Es zulässt, sich zu öffnen und sich dem inneren Schmerz zu stellen. Es war wichtig und richtig für meine persönliche Weiterentwicklung.

An solch einem Punkt war ich vor etwa 2 Jahren auch schon einmal und ich habe versucht Dinge zu ändern. Manches klappte, anderes nicht so richtig. Ich wusste schlichtweg auch nicht wie und mir fehlten die nötigen ‚Werkzeuge‘. Nun mittels professioneller Hilfe klappt das alles viel gezielter und auch besser.
So habe ich mich nun auch mit Hilfe dieser Unterstützung von toxischen Menschen in meinem Leben getrennt. Allen voran von meinen Erzeugern. Mehr sind sie nicht mehr für mich. Die Entscheidung war lange überfällig, aber auch sehr richtig. Mit nun über 30 Jahren habe ich endlich die Stärke, mich gegen solch destruktiven physischen und psychischen Missbrauch zu wehren! Es war eine der besten Entscheidungen des vergangenen Jahres. Eine gewisse innere Heilung begann sofort. Eine Narzisstin als Mutter zu haben ist ein ziemlicher Albtraum der nie aufhört. Grenzen werden nicht respektiert und permanente Unterordnung wird gefordert, ich musste immer ’spuren‘. Liebe und Mitgefühl, sowie Verständnis fehlanzeige. Meine Bedürfnisse wurden nicht ernst genommen. Gaslighting kommt ebenfalls immer wieder vor. Meine Autismus-Diagnose hatten beide Elternteile bis heute nicht akzeptiert. Für die eigene psychische Gesundheit hilft nur eine klare Trennung. Null Kontakt zu solch manipulativen Menschen.
Es ist ein ziemliches Tabu-Thema in unserer Gesellschaft. Schnell kommt: ‚Aber es sind doch deine Eltern.‘ …das mag auf dem Papier so sein. Man muss aber verstehen, dass ein solcher Kontaktabbruch innerhalb der Familie niemals eine leichte Entscheidung ist und auch nicht aus irgendeiner Laune heraus getroffen wird. Dem geht ein jahrelanger Leidensdruck voraus. Zum Glück habe ich aber auch Verständnis für diese Entscheidung innerhalb der weiteren Verwandtschaft bekommen. Ich habe nun den Kreis der destruktiven Verhaltensweisen in dieser Familie durchbrochen. Ich mache es anders! Ich zeige meiner Tochter das es auch anders geht. Weg von Manipulationen und Gewalt – egal in welcher Form.
Mein Weg ist der der Herzenswärme, des Respekts, der Ehrlichkeit, des Vertrauens und des Mitgefühls.

Das andere war ein Mensch, von dem ich viel zu lange dachte, er wäre mein Freund. Ich leider viel zu lang um diese Freundschaft kämpfte, loyal war, zu gutmütig und immer wieder nachsichtig trotz all der immer wiederkehrenden Respektlosigkeiten mir gegenüber – sicher mitbegründet durch mein Aufwachsen in toxischen Familienverhältnissen, war ich zunächst unfähig mich richtig zu wehren und abzugrenzen. Ich habe zwar immer wieder gemerkt, dass das so nicht richtig sein kann, mir nicht gut tut – aber emotional hatte ich Schwierigkeiten mich klar dagegenzustellen. In dieser ‚Freundschaft‘ nun wurde mir gezielt eingeredet, ich sei ein böser Mensch, wolle denjenigen immer wieder absichtlich verletzen und kränken. Das ich das alleinige Problem und mein Autismus eine Bürde für diesen Menschen sei. – Warum ich damals nach allein dieser Aussage nicht schon schreiend weggelaufen bin, weiß ich nicht so recht. Vermutlich war ich einfach zu gutmütig und hatte die Hoffnung, dass die Person Autismus wohl doch irgendwann mal ein wenig verstehen könne. Aber wahrscheinlich hat es dieser Mensch nicht einmal wirklich versucht, denn letztlich wurde sogar der Autismus gegen mich verwendet und es wurden von mir im guten Glauben und Vertrauen kommunizierte Schwächen, gezielt ausgenutzt. Ziemlich perfide!
Es wurde oft Streit vom Zaun gebrochen (RW), anstatt vernünftig mit mir zu reden. Ich wollte es lange Zeit nicht wahrhaben, dass dieser Mensch wirklich so ist. Etwas, das Autisten vermutlich häufiger passiert. Gehen wir doch oft davon aus, dass unser Gegenüber genauso direkt und ehrlich kommuniziert, wie wir selbst. Zumindest erhofft man sich das von seinen Freunden. Und weil ich froh war über einen weiteren Menschen in meinem Leben, hielt ich weiter an dieser ‚Freundschaft‘ fest und habe Machtspielchen und Beschimpfungen über mich ergehen lassen. Wenn ich etwas kritisch ansprach hieß es dann ‚ich hätte einen Knall‘, ’sei gestört‘, ’solle mich mal untersuchen lassen, was denn mit mir nicht stimme‘ etc. – irgendwann fing ich an das auch zu glauben. Ironischerweise war aber ich diejenige, die schon eine Therapie in Anspruch nahm. Nach einer Weile kam dann auch der Punkt, an dem ich nicht mehr so mit mir umspringen lassen wollte. Sicher auch ein Resultat der bisherigen erfolgreichen Therapie. Ich wurde selbstbewusster!
Dank therapeutischer Hilfe ist mir bewusst geworden, dass das keinesfalls und vermutlich auch zu keinem Zeitpunkt je eine gesunde Freundschaft war. Oberflächlich war dieser Mensch recht charmant, nett, eloquent und mitfühlend – in der Tiefe aber emotionslos, ohne Gewissen und Reue. Letztlich gab es bei genauerem Hinsehen viele ‚Red Flags‘, wenn man diese denn (er-)kennt. Das kann ich nun. Mittlerweile ist sehr klar und deutlich geworden, dass ich da wohl von einem vermutlichen Soziopathen (auch dissoziale Persönlichkeitsstörung genannt) manipuliert und beeinflusst worden bin. Den wenigen guten Momenten habe ich deutlich mehr Gewicht gegeben, als den vielen negativen. Es gab nie wirklich die gleiche Augenhöhe.
Kurz: Ich hatte meinem Bauchgefühl nicht mehr vertraut.

Ich bin heute sehr froh darüber, dass ich mich emotional auch von dieser Person hab lösen und distanzieren können. Ich werde in der Therapie weitere Stärke und Strategien gegen solch destruktive und negative Menschen mit solchen Verhaltensweisen erarbeiten und entwickeln, wurde ich doch schon seit Kindheitstagen immer ‚klein‘ gehalten. Aber das hat nun alles ein Ende. Ich trete mehr für mich und Respekt mir gegenüber ein. Ich werde mein Selbstwertgefühl und Selbstbewusstsein weiter nach oben schrauben.
Ich bin schließlich nicht verantwortlich für deren eigene verdrängte und unaufgearbeitete Vergangenheit, nicht verantwortlich dafür, dass sie dem nicht standhalten können, wenn sie mit sich selbst und dem eigenen Verhalten konfrontiert werden. Ich sprach z.B. nicht nur einmal mir falsch vorkommendes Verhalten an… Dessen Ergebnisse waren dann Verdrängung der Tatsachen und verdrehen der Realität, verbale Angriffe und weitere toxische Verhaltensweisen. Jetzt kann ich mich dagegen wehren. Ich hab mich nicht in die hilflose Opferrolle begeben, sondern dann selbst aktiv etwas geändert. Ich hatte gemerkt, dass ich da ohne entsprechende Hilfe emotional nicht alleine raus komme. Die Therapie hat mir dabei sehr geholfen, zu erkennen das ein solches toxisches Verhalten – egal welchem Menschen gegenüber – niemals gerechtfertigt ist. Ich mir selbst wieder mehr wert sein und gehen muss. Das habe ich getan. Letztlich war es der gleiche Schritt wie bei meinen Erzeugern. Zeitlich fiel diese Abgrenzung auch recht nah zusammen. Es war ein Prozess in mir, den ich durchmachen musste. Was will ich noch in meinem Leben und was will ich nicht mehr?

Solche Personen schaden ihrem Umfeld akut. Man kann nur anraten einen großen Abstand zwischen sich und diese toxischen Menschen zu bringen. Sie werden sich vermutlich nie ändern. Sie wollen schließlich nicht wahrhaben, was falsch läuft. Schuld haben immer nur die anderen. Sie übernehmen keine Verantwortung für ihr Handeln. Ein Perspektivwechsel ist ihnen kaum möglich. Dir werden immer wieder alte Sachen vorgeworfen, von denen sie sich schon früher angeblich absichtlich verletzt gefühlt haben. Verzeihen können solche Menschen nicht. Es werden Versprechungen gemacht, die nicht eingehalten werden. Man fühlt sich immer wieder schlecht im Umgang mit solch einem Menschen, man ist immer auf der Hut. Muss aufpassen, was man sagt. Ich als Autistin war immer wieder gezwungen zu kompensieren. Es ist reine Negativität. Ein Energiefresser. So etwas brauche und will ich nicht mehr in meinem Leben!

Aber auch trotz dieser sehr negativen Erlebnisse glaube ich weiterhin an das Gute in Menschen. Es gibt sie. Das habe ich in besagtem Oktober auch erleben dürfen. Eine Lebenserfahrung die ich nie wieder vergessen werde.

Ich hatte auch das Glück im vergangenen Jahr tolle Menschen (besser) kennengelernt und getroffen zu haben. Ihr alle wisst wer ihr seid!
Auch ein großes Dankeschön für all die tollen Online-Kontakte aus der Autismus-Community. Autisten und auch einige Angehörige. Es ist schön zu spüren nicht allein zu sein und verstanden zu werden, ohne sich groß erklären zu müssen. Das alles macht mir Mut und gibt Kraft. Ich habe auch viele positive Rückmeldungen über mich bekommen. Das Menschen gerne mit mir Zeit verbringen. Gerade unter dem Erlebnis mit der ungesunden ‚Freundschaft‘ tut so etwas der Seele gut.

Im Januar diesen Jahres wollte es das Schicksal so, dass mein Tattoo-Termin für eines am Handgelenk genau auf den 5. Geburtstag meiner Tochter fiel. Geplant war er ursprünglich zwischen den Feiertagen des Vorjahres, aber meine Tätowiererin war krank geworden. Ich fand den neuen gefunden Termin dann sogar sehr passend. Ist es doch ein besonderes Tattoo mit sehr emotionaler und tiefer Bedeutung für mich. Ich habe es auch selbst entworfen. In gewisser Weise war und ist es auch ein Zeichen für all die bereits geschehene und noch weiter kommende Veränderung in mir. Jedes mal, wenn ich dieses Tattoo betrachte, weiß ich, was ich alles im Stande bin zu erreichen. Aus meinem tiefsten Inneren heraus. Es weist mir meinen Weg zu mir selbst. Das hat mir über das Jahr auch sehr geholfen.
Beste und liebenswerteste Tätowiererin: „Just B Tattoos“ Heidelberg (Facebook).

Überhaupt habe ich 2018 meine Comfort-Zone immer wieder verlassen. Zum einen durch die Therapie, aber auch durch meinen eigenen Willen.
Auf dem Literaturcamp in Heidelberg im Sommer z.B. habe ich zum ersten Mal in meinem Leben einen öffentlichen Vortrag gehalten. Zusammen mit Inga Marie Ramcke (@ingamarieramcke) und Lars Fischer (@fischblog) sprachen wir über „Wissenschaft für Kinder“. Zwar recht spontan, aber letztlich war es eine wundervolle Erfahrung, die ich nicht missen möchte! Ihr beide seid wunderbare Menschen. Auch das gab mir eine ordentliche Ladung mehr Selbstvertrauen. Das Ganze gibt es auch auf Youtube in der Playlist vom Literaturcamp zu sehen.

Mein absolutes musikalisches Highlight war das neue und lang erwartete Album ‚Antidoron‘ von Neuroticfish. Es läuft seit Veröffentlichung im Dezember komplett in Dauerschleife. Eine gelungene Platte, die in ihrer Gänze auf eine Reise durch die Gedanken- und Gefühlswelt mit all ihren Emotionen führt. Etwas was du ganz genau verstehst und nachempfinden kannst, wenn du selbst einmal den Kampf gegen Depressionen angetreten hast.
Bereits im März 2015 habe ich eine Rezension zu einem Neuroticfish Song (Somebody vom Album ‚A Sign of Life‘) geschrieben. Nachlesen könnt ihr diese >hier< auf meiner Webseite.
Durch das aktuelle Album hab ich in den letzten Wochen wieder richtig Muße auf Musik bekommen. Ganz unweigerlich wippt irgendein Körperteil mit. Dieses Gefühl hatte ich schon lange nicht mehr… Danke!
Meine 3 Favoriten sind: Walk Alone, Hold of me und What is wrong.
Fazit: Hammer Brett das ihr da hingezaubert habt, Jungs! Textlich und musikalisch.
Wer in das Album mal reinhören mag, der kann das hier via Bandcamp: Neuroticfish – Antidoron tun.

Ich hab mich im vergangenen Jahr mit viel Papierkram herumschlagen müssen, obwohl das doch mein persönlicher Endgegner ist. Seit Februar 2018 bin ich auch endlich rechtskräftig geschieden. Ich habe mich allen Herausforderungen des Jahres als Alleinerziehende erfolgreich gestellt. Habe Steine, die mir von Außen und unnötigerweise in den Weg gelegt wurden, nicht nur umlaufen, ich bin auch daran immer mehr gewachsen. Letztendlich bin ich doch sehr stolz auf mich, was ich 2018 alles geleistet habe!

Ebenfalls habe ich mich auch immer wieder getraut, fremde Menschen anzusprechen, wenn der erste Eindruck positiv und offen auf mich wirkte. Sich Blicke kreuzten und ein Lächeln da war. So hab ich im Sommer auch eine mittlerweile gute Freundin in einem IC kennengelernt und hatte nun Silvester mit ihr verbracht. Aber auch auf der Hinfahrt zu ihr habe ich ebenfalls wieder Jemanden in einem EuroCity angesprochen. Es ergab sich spontan so und wir hatten ein schönes Gespräch. Kurz vor dem Ausstieg fragte ich dann einfach nach der Mailadresse. Mal sehen, was daraus vielleicht wird. Eine liebe Antwortmail habe ich jedenfalls gestern erst erhalten. :-)

Ich habe mit der Zeit meinem Umfeld auch immer deutlicher kommuniziert was meine Bedürfnisse und auch Grenzen sind. Ich bin meinem ‚Ich‘ welches durch jahrelange Kompensation und der Maske ’nicht autistisch zu wirken‘ immer mehr verloren ging, nun endlich ein gewaltiges Stück näher gekommen. Ich bin im Vergleich zu vor einem Jahr auch deutlich zufriedener und glücklicher in meinem Leben. An meiner finanziellen Situation hat sich zwar nichts verändert, aber auf Geld kam es mir sowieso noch nie an. Das was mich glücklicher und zufriedener macht, ist vor allem Selbstakzeptanz und das Vertrauen in mich selbst. Ich bin auf dem richtigen Weg.

Den Weg, den ich 2019 weiter gehen werde.

Header-Foto habe ich im Schloss Versailles aufgenommen.

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